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Frankreich: Nordvogesen

Frankreich: Nordvogesen

von Helmut Strauß (Kommentare: 0) Motorrad77

Auch in den Nordvogesen lassen sich wunderbare Aussichten genießen

Was, schon wieder die Vogesen – aber keine Angst: diesmal ist es kein bis ins letzte Detail vorformulierter Reisebericht, sondern „einfach“ nur ein Tourenvorschlag, getreu unserem Motto: Es gibt immer wieder was Neues zu entdecken!

Mit den Vogesen sind wir wieder in einem wahren Paradies für Motorradfahrer, und dies nicht zu unrecht. Mit ihren in Nord-Süd Richtung verlaufenden Gebirgskämmen und der Höhe der Pässe, wie zum Beispiel dem Col de la Schlucht mit immerhin 1139 m bildeten sie schon immer für den „normalen“ Verkehr ein Hindernis, aber genau das ist ja der eigentliche Reiz für uns Motorradfahrer. Die Südvogesen weisen mit dem Grand Ballon (1424 m), Hohneck (1362 m) oder dem Ballon d’Alsace und 1250 m die höchsten Erhebungen auf, während die Nordvogesen mit dem Donon und seinen 1009 m nicht gerade so hoch sind und nach Norden hin langsam abfallen. Charakteristisch sind in beiden Fällen allerdings die schmalen und damit sehr kurvenreichen Quertäler, die die Gebirgskämme trennen und wie das „Salz in der Suppe“ sind. Hier ist der eigene Entdeckungsgeist gefragt, um das für sich passende herauszufinden. Es würde übrigens viel zu weit gehen, hier jede noch so bekannte Route erneut zu beschreiben – dazu gehört beispielsweise auch die Vogesenkammstraße, die Route des Cretes, die man allein des Ausblickes wegen einmal gefahren sein sollte -  aber eins steht heute für uns im Vordergrund: die Entdeckerlust und die Freude, mal von den gewohnten Wegen abzuweichen und sich treiben zu lassen. Genau das haben wir gemacht und die Nordvogesen besucht, die vollkommen zu Unrecht immer wieder vernachlässigt werden. Im Gegensatz zum Süden, der von eiszeitlichen Gletschern überrollt wurde, kamen die Gletscher hier nicht so weit, sodass der Buntsandstein erhalten blieb und einige manchmal schon seltsam geformte Sandsteinfelsen und –Türme zurückließ. Diese luden geradezu zum Burgen bauen ein, sodass Burgenliebhaber sicherlich auf ihre Kosten kommen. Apropos Kosten: die Franzosen scheinen oftmals weder Kosten noch Mühen zu scheuen, wenn es um den Wiederaufbau von Burgen geht, und davon gibt es hier schon einiges zu bewundern. 

Die gotische Stiftskirche in Niederhaslach ist schon einen Abstecher wert

Die gotische Stiftskirche in Niederhaslach ist schon einen Abstecher wert.

Wie in der Schweiz

Aber es ist noch mehr, was die Nordvogesen auszeichnet. Im Gegensatz zum Schwarzwald sind die Vogesen insgesamt zunächst ein Laubwaldgebiet mit der Buche als Hauptlaubbaum und der Weißtanne als vorherrschender Nadelbaum, was sich in den Nordvogesen wunderbar mit grünen Wiesen und Weiden ergänzt. Wer sich aus den engen und waldbestandenen Tälern plötzlich in einem solchen grünen Tal wiederfindet, glaubt zu träumen – zumindest aber ist er der Meinung, gerade eben in der Schweiz gelandet zu sein, so sauber und anmutig schauen die gepflegten, kleinen Orte und Weiler aus, wie zum Beispiel Baerenthal oder Reipertswiller oder wie sie alle sonst noch heißen mögen, denen wir auf unserer Fahrt begegnen. Aber auch die größeren Ortschaften sind in der Regel mehr als hübsch anzusehen und vermitteln immer wieder den Eindruck einer gepflegten Kulturlandschaft, wie zum Beispiel Philippsbourg, die Wanderhochburg La Petite Pierre oder Niederbronn-Les- Bains mit seiner Römer- und Keltenquelle. Sie merken, es geht ganz schön durcheinander, zumindest was die räumliche Orientierung anbelangt, aber dies hängt auch mit dem „Sich treiben lassen“ zusammen, und damit, einfach auch mal abseits der bekannten Wege zu fahren. Gerade in der Kante zwischen Bitche mit seiner wunderbar restaurierten Zitadelle (toller und beeindruckender Rundgang, sehr zu empfehlen!), Ingwiller und Oberbronn gibt es eine Vielzahl an kleinsten Sträßchen, und zwar die mit dem kleinen „b“ hinter dem Straßenkürzel „D“, die unbedingt mit eingeplant werden sollten. Hier kommt ein weiterer Umstand zu Hilfe: die Vogesen insgesamt sind wenig bevölkert, außer an den Wochenenden mit all den Touristen, aber dies lässt sich ja umgehen. Aber Vorsicht: Straßenschäden und tiefe Schlaglöcher und das Ausbessern mit Splitt werden nicht immer angekündigt, und davon kann mancher Kawa Fahrer wie in unserem Fall ein Liedchen singen...Aber Spaß beiseite, auf den kleinen ehemaligen Forststraßen etwas langsamer rollen lassen lohnt sich auf jeden Fall. Wer allerdings die vielleicht etwas schnellere Gangart liebt, für den halten die Nordvogesen ebenfalls einiges bereit. 

Burgen und Schlösser prägen die Landschaft. Blumen gehören einfach mit dazu.

Für jeden etwas

Wie wäre es zum Beispiel mit der Erkundung des Donon entlang den Ufern der Roten und Weißen Saar – richtig, am Donon entspringt mit der Saar der „Hausfluss“ des Saarlandes, und dass jeder Saarländer in seinem Leben zumindest einmal am Donon gewesen sein muss, nun ja, das lässt sich leicht an den Nummernschildern ablesen. Übrigens, wenn es auch mit einem Fußweg verbunden ist: vom Gipfel des Donon aus gibt es einem wundervollen Rundblick über die mittleren und südlichen Vogesen und bei gutem Wetter lassen sich sogar die Alpen im fernen Süden ausmachen. Vielleicht haben sich gerade deswegen hier die Kelten mit einer Kultstätte und die Römer mit einem Tempel verewigt, wer weiß. Wer es noch flotter angehen möchte, dem sei die RN 62 zwischen Bitche und Niederbronn empfohlen, schön flüssig zu fahren, aber auch in diesem Fall sei der Vollständigkeit halber auf die französischen Spielregeln im Verkehr hingewiesen: 90 km gelten hier als absolutes Limit, und keinen Deut mehr – diskutieren nutzt nichts, bringt eher das Gegenteil. Aber kommen wir wieder auf unser eigentliches Thema zurück. Auch Kultur- und Kunstbeflissenen wird einiges geboten. Neben den verschiedenen Hausformen mit der in den Vogesen leicht abgewandelten Form des lothringischen Einheitshauses sind es vor allem die Kirchen, die wiederum mit ihrer so schlicht wirkenden Form hervorstechen. Eines der schönsten Meisterwerke gotischer Baukunst steht in Niederhaslach: die Stiftskirche, die vom Sohn des Straßburger Meisters Erwin von Steinbach erbaut wurde.  Die bärtigen Propheten und die Engel mit dem Rauchfass in den Hohlkehlen des Portals sowie die Glasmalereien sind nur eine der Besonderheiten, die mehr als einen Abstecher verdienen. Dazu kommen in den kleinen Orten diese wunderschönen, zum Teil restaurierten Häuser aus behauenen Sandsteinen, die mit ihrem bunten Blumenschmuck immer wieder bewundernde Blicke auf sich ziehen. Diese Ortschaften strömen sowieso schon fast einen mediterranen Charme aus, dass sich selbst unsere Ducati an ihre Heimat erinnert fühlt.

So bieten die Nordvogesen ein reiches Spektrum an Sehenswürdigkeiten, Naturschönheiten und vor allem kurvenreichen kleinsten Sträßchen, die jeder für sich entdecken mag: Straßenkarte raus (die alte Methode, die sich in diesem Fall wieder mal hervorragend bewährt hat!), und ab geht die Post. Für Abwechslung in den Pausen ist ebenfalls bestens gesorgt: in fast jedem Ort ist ein kleines Restaurant zu finden, das vom traditionellen Menu bis hin zum Tagesessen hervorragende Qualität anbietet – wir saßen da in einem tollen Restaurant bei Rosselhof, mehr durch Zufall entdeckt, aber so wird es den meisten von uns ergehen. Größere Städte und sogar Großstädte gibt es ebenfalls genügend in der Nähe, wie Straßburg, Karlsruhe oder Saarbrücken, sodass auch in dieser Hinsicht keine Wünsche offen bleiben. Also, was hindert uns noch, ab in die bekannten oder doch auch unbekannten Winkel der Vogesen, einfach hinfahren und selbst erleben!

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